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Bildungsexpertin über „Schule des Aufbruchs“

By 28. Juli 2022Allgemein

Die deutsche Bildungsexpertin Margret Rasfeld spricht über neue Ansätze im Bildungssystem. Gemeinsam mit dem renommierten Hirnforscher Gerald Hüther hat sie die „Schule des Aufbruchs“ ins Leben gerufen. In dem Vortrag, der beim Montagsforum in Dornbirn aufgezeichnet wurde, zeigt Rasfeld auf, wo es beim aktuellen Bildungssystem hapert und was es in Zukunft braucht.

Unsere Gesellschaft braucht starke Kinder und Jugendliche, die es gewohnt sind, anzupacken und Verantwortung zu übernehmen. Aus diesem Grund setzt sich die deutsche Bildungsexpertin Margret Rasfeld nun schon seit Jahrzehnten für eine tiefgreifende und grundsätzliche Veränderung des Schulsystems ein.

Derzeit gibt es im österreichischen Schulwesen aus Sicht von Bildungsexpertin Rasfeld einige ganz grobe Systemfehler: Das notengetriebene Leistungssystem fördert die Angst, Fehler zu machen. Es fehlt dadurch an Risikobereitschaft, am Willen etwas verändern und gestalten zu wollen.

Letztendlich – sagt Margret Rasfeld- werden so bloße Pflichterfüller ausgebildet: Schülerinnen und Schülern werden somit auch Kreativität und Gestaltungswille geraubt. Die Kinder und Jugendlichen werden zum Objekt von Erwartungen der Lehrpersonen, sie sind aber nicht Subjekt ihrer eigenen Begeisterung.

Kinder werden dadurch oft krank. 40 bis 50 Prozent der Schüler:innen seien krank durch Schule und bereits Neunjährige oft im Burn-out, sagt Rasfeld, Sie sieht die Lösung nicht in mehr Schulpsychologen oder -therapeuten, sondern eben in einem neuen System.

Verantwortung übernehmen, Dinge zu verändern

Gerade jetzt bräuchte es, angesichts der globalen Krisen eine junge Generation, die sich traut, Verantwortung zu übernehmen und Dinge zu verändern. Rasfelds Vision ist eine Schule, die junge Menschen nicht bevormundet und beurteilt, sondern ihre Potentiale weckt und sie nach ihren Fähigkeiten fördert. Ziel ist es, dass sie gerüstet sind für das Leben, mit all dem was es mit sich bringt.

Es braucht jetzt einen Kultur- und Haltungswandel, sagt die deutsche Bildungsexpertin Margret Rasfeld, einen richtigen Paradigmenwechsel. Dabei sollte sich ein neues Schulsystem an den 17 globalen Zielen der UNO zur Rettung des Planeten orientieren. Die Kinder sollen dann vor allem eines erwerben: Gestaltungskompetenz.

„Schule des Aufbruchs“

Die von Rasfeld gegründete „Schule des Aufbruchs“ ist von der UNESCO ausgezeichnet worden, als Helfer bei der Umsetzung dieses globalen Programms. Das Schulsystem steht zu einem für selbstorganisiertes Lernen, ähnlich dem Montessori-Prinzip. Schülerinnen und Schüler sagen auch, wann sie sich als Abschluss eines Lernbausteins testen lassen wollen. Das nimmt Druck und Prüfungsängste, sagt Rasfeld. Zudem gibt es meist keine Ziffern-Noten, sondern eine schriftliche Beurteilung.

Neue Schulfächer

In dieser Schule im Aufbruch gibt es auch Lernformate, die es so bislang nicht gab – es sind neue Schulfächer entstanden. Dabei geht es um Themen, die auch gar nicht an der Schule selbst gelehrt werden, sondern die aus dem Leben schöpfen und dort stattfinden. etwa auch ein Fach, das sich „Verantwortung“ nennt.

Kinder wollen sich engagieren, sagt Bildungsexperten Margret Rasfeld. Deswegen suchen sie sich im Schulfach „Verantwortung“ ein Projekt im Gemeinwesen, das sie betreuen und umsetzen. Sie helfen etwa in Kindergärten und lesen dort vor, sie helfen teils auch in Brennpunktschulen, denn Kinder lernen oft von Kindern mehr, meint Rasfeld. Mitunter engagieren sich die Schüler:innen auch bei sozialen Projekten, in der Seniorenbetreuung, bei Repair-Cafés oder bei NGO’s, etwa in der Flüchtlingsbetreuung, etc.

Das nächste spezielle Schul-Fach der „Schule im Aufbruch“ nennt sich „Herausforderung“. Dabei sind die Jugendlichen wie bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern bei Wind und Wetter in der Natur unterwegs und müssen sich mit wenigen Mitteln ihr Leben organisieren. Metakompetenzen werden dabei erlernt – sagt Bildungsexpertin Margret Rasfeld. Die Jugendlichen verlassen die Komfortzone und lernen etwa auch – ganz anders als im traditionellen Schulsystem – zu scheitern. Etwa dann, wenn Pläne, die man sich gemacht hat, doch nicht so ohne weiteres umsetzbar sind.

Lernformat „Frei Day“

Bei den Schülerinnen und Schülern der Schule im Aufbruch ist auch das neueste Lernformat, der sogenannte „Frei Day“ sehr beliebt. Ein Tag, der Freiraum zum Lernen gibt, bei dem die Themen von den Kindern und Jugendlichen kommen. Es sind Themen, die sich an den Nachhaltigkeitszielen orientieren. Ja nach Interesse werden teils auch altersübergreifend verschiedenste Projekte ausgearbeitet und umgesetzt, die z.B. den Gemeinden zugutekommen. Dieser Frei-Day gibt Hoffnung, sagt Margret Rasfeld, weil die Kinder sehen, dass sie selbst etwas in die Hand nehmen, etwas bewegen und etwas verändern können.

Die Schule im Aufbruch und somit auch dieser Frei-Day werden derzeit gerade auch in Vorarlberg ausprobiert, und zwar in 4 Schulen – mit Unterstützung durch den Landeselternrat und den Familienverband.

Margret Rasfeld hat zuletzt das Buch „Frei Day – Die Welt verändern lernen! Für eine Schule im Aufbruch.“ veröffentlicht, es ist im Oekom-Verlag erschienen.

 

Quelle: Österreichischer Rundfunk, Stiftung öffentlichen Rechts. (2022, 9. Juli). Bildungsexpertin über „Schule des Aufbruchs“. https://vorarlberg.orf.at/radio/stories/3161623/