Wie bekomme ich Ruhe ins System? Nervensystem regulieren bei Kindern und Eltern

Wenn Eltern oder Kinder unter innerer Unruhe, Schlafproblemen, Nervosität oder emotionaler Überforderung leiden, stellt sich oft die Frage: Wie kann ich mein Nervensystem regulieren und wieder ins Gleichgewicht bringen? In der letzten Leserumfrage des Vorarlberger Familienverbands war genau das ein Anliegen und es ist zugleich ein wunderbarer Einstieg in meinen ganzheitlichen Ansatz: Denn ich sehe die Regulation des Nervensystems nicht als isolierte Technik, sondern als Teil eines übergeordneten, ganzheitlichen Konzepts, in dem alle Lebensbereiche miteinander in Wechselwirkung stehen.

Warum das Nervensystem so oft in den Vordergrund rückt
Unser Nervensystem steuert unbewusst lebenswichtige Prozesse, unter anderem den Herzschlag, Atmung, Verdauung und Immunsystem. In Zeiten von Stress, Druck oder emotionaler Belastung gerät das Zusammenspiel von Sympathikus (Aktivierung) und Parasympathikus (Regeneration) häufig aus der Balance. Dieser Zustand wird dann oft als „Überforderung“ wahrgenommen. Besonders in Familien mit vielen Reizen, Verpflichtungen und überlappenden Bedürfnissen kann das schnell zur Belastung werden. Gezielte Übungen können in solchen Momenten zwar kurzzeitig entlasten – nachhaltige Ruhe und Balance können jedoch erst dann entstehen, wenn wir uns das große Ganze ansehen.

Ganzheitlich denken statt nur Symptome behandeln
Wenn ich mit Menschen arbeite, geht es nicht nur darum, wie man sich in einer akuten Situation beruhigen kann. Vielmehr beschäftigen wir uns damit, warum das System überhaupt aus dem Gleichgewicht geraten ist und was es braucht, um sich nachhaltig zu stabilisieren
Wir schauen dabei nicht nur auf das Nervensystem, sondern auf den Menschen als Ganzes. Denn, ob wir innerlich ruhig oder dauerhaft angespannt sind, hängt von weit mehr als nur von einem einzelnen System ab. Wie kleine Zahnräder, die ineinandergreifen, spielt es eine Rolle, wie wir leben, schlafen, essen, atmen, denken, lieben, arbeiten und zweifeln. Auch unsere inneren Überzeugungen und Muster wirken ständig mit. Gerät eines dieser Zahnräder ins Stocken, spüren wir das im ganzen Organismus.

Mein Ansatz in der Praxis
In meiner Praxis in Bludesch arbeite ich mit Menschen, nicht mit Schablonen. Jeder bringt eine eigene Geschichte mit und jedes Nervensystem reagiert anders. Zu mir kommen oft Erwachsene, die sich überfordert fühlen, dauerhaft angespannt oder erschöpft sind. Oder Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen. Manchmal ist das Kind „auffällig“, doch im gemeinsamen Arbeiten zeigt sich meist, dass vieles miteinander verbunden ist und was das Kind bewegt, bewegt auch das Umfeld. Deshalb beginne ich meine Arbeit häufig mit den Eltern, um das Familiensystem als Ganzes betrachten zu können.
Mein Werkzeugkoffer ist dabei sehr vielfältig, doch im Mittelpunkt steht nie die Methode, sondern immer der Mensch. So entsteht jede Begleitung ganz individuell und Schritt für Schritt entwickeln sich mehr Bewusstsein, Leichtigkeit und Verbindung zum eigenen Körper, wodurch Ruhe und Klarheit entstehen können.

Kleine Übungen für akute Momente
Auch wenn ich immer den ganzheitlichen Weg betone, können dennoch kleine, bewusste Übungen wertvolle Werkzeuge sein, um akute Situationen zu lösen.

Ausatem verlängern
Ein verlängerter Ausatem aktiviert den beruhigenden Teil unseres Nervensystems – den Parasympathikus. Das gelingt zum Beispiel, indem man wie beim Geburtstagskerzen ausblasen lange und gleichmäßig ausatmet oder sich vorstellt, wie ein Luftballon sanft seine Luft entweichen lässt – begleitet von einem leisen „Sssss“.

Regulierende Bewegung
Langsame, rhythmische Bewegungen helfen, Spannung abzubauen. Bei Kindern kann das gerne auch einmal ein Rollenspiel in Zeitlupe sein – zum Beispiel kurz eine Schnecke oder ein Faultier nachahmen – oder aber auch einfach ein sanftes Wiegen, Wippen oder Dehnen.

Bilaterale Stimulation
Abwechselnde Reize auf der rechten und linken Körperseite aktivieren beide Gehirnhälften und fördern deren Balance. Das gelingt zum Beispiel mit bilateraler Musik (über Kopfhörer) oder sanftem, abwechselndem Klopfen auf Schultern oder Oberschenkel.

Bewusstseinsanker
Eigene Achtsamkeitsmomente können sehr helfen, den Geist zu beruhigen und sich ins Hier und Jetzt zurückzuholen. Ein einfacher Weg dafür ist, die Hände aufs Herz zu legen und einfach für eine Weile den eigenen Herzschlag zu spüren.
Diese kleinen Impulse sind nur einige wenige Beispiele und keine dauerhaften Lösungen, aber sie können wertvolle Anker sein und kurzzeitig Ruhe ins System bringen.

Die Regulation des Nervensystems beginnt mit der Verbindung zu sich selbst
Ein reguliertes Nervensystem entsteht also nicht einfach durch strenge Routinen oder „richtige“ Übungen, sondern durch Verbindung. Verbindung zum eigenen Körper, zu den eigenen Bedürfnissen und zur eigenen Geschichte.
Wenn wir lernen, liebevoll und achtsam mit uns selbst umzugehen, entstehen Ruhe und Balance nicht durch Kontrolle des eigenen Systems, sondern durch Erkennen und Vertrauen. Und genau da beginnt echte Veränderung.

Britta Berger
Britta Berger begleitet in ihrer Praxis in Bludesch Menschen auf ihrem Weg zu mehr Bewusstsein, Authentizität und innerer Balance. Sie arbeitet mit einer Kombination aus ontologischer Kinesiologie, craniosacralen Techniken, den Lehren von Dr. Rüdiger Dahlke sowie Atemarbeit und Meditation – immer mit einem ganzheitlichen Blick und viel Feingefühl für den Menschen dahinter.
www.britta-berger.com