Social Media mit Hirn und Herz: Wenn Familien digital fit werden

In einer Zeit, in der das Smartphone oft schneller gezückt wird als die Jause ausgepackt ist, stehen wir als Eltern vor einer Herausforderung, die unsere eigenen Eltern so nicht kannten: Wie begleiten wir unsere Kinder durch die digitale Welt, wenn wir selbst keine Vorbilder dafür hatten?

Genau dieser Frage widmen wir uns in unserem neuen Podcast „Familie Digital Fit“ – und in der ersten Folge wird schnell klar: Social Media ist kein Teufelszeug, das wir verbannen müssen. Aber es ist auch kein harmloses Spielzeug, das wir einfach unseren Kindern in die Hand drücken können.

Die doppelte Herausforderung: Social UND Media

Heidi Winsauer, Trainerin für Kommunikation und Mama von zwei Buben, bringt es auf den Punkt: Wir müssen unseren Kindern nicht nur beibringen, soziale Wesen zu sein – mit Grüßen, Tischkultur und Respekt. Wir müssen sie gleichzeitig durch eine Medienwelt navigieren, die sich schneller verändert, als wir mit dem Lernen nachkommen. Früher konnten wir unseren Kindern beim Telefonieren oder Fernsehen zuschauen und daraus lernen. Heute explodiert diese Welt förmlich – und wir Eltern stehen oft genauso ratlos da wie unsere Kinder.

Nicht neu, nur schneller

Johannes Moser, Papa von drei Mädchen aktiv bei der Plattform für digitalen Initiativen, erinnert uns an etwas Wichtiges: Im Grunde ist Social Media ein Erziehungsthema wie viele andere auch. So wie wir unseren Kindern beibringen, über die Straße zu gehen oder sich die Zähne zu putzen, müssen wir ihnen auch den Umgang mit digitalen Medien beibringen. Die Herausforderung liegt in der Neuheit und der Geschwindigkeit, mit der sich diese Welt verändert.

Seine Analogie zum Wasser ist erhellend: Joe ist am See aufgewachsen. Er hat von seiner Mutter ständig Warnungen gehört – „Geh nicht ans Wasser, nicht ohne Erwachsene, geh dort nicht rein!“ Heute hat er die Fertigkeit, seine Kinder am Boot zu sensibilisieren. Andere Eltern ohne diese Prägung tun sich schwerer. Genauso ist es mit Social Media: Wir müssen unsere Kinder sensibilisieren, trainieren, begleiten.

Die drei Grundwerte für digitale Familienkompetenz

Aus dieser ersten Podcast-Folge kristallisieren sich drei zentrale Werte heraus, die uns als Kompass dienen können:

1. „Selbe erleba“ – Selber ausprobieren

Spielen, entdecken, Zeit miteinander verbringen. Wir können unseren Kindern nur dann helfen, wenn wir selbst wissen, um was es geht. Das bedeutet nicht, dass wir TikTok-Profis werden müssen. Aber es bedeutet, dass wir echtes Interesse zeigen: „Was geht da ab? Mit wem schreibst du?“ Ohne Kontrolle, aber mit Neugier.

2. „A guats Vorbild si“ – Ein gutes Vorbild sein

Wir können nicht erwarten, dass unsere Kinder beim Essen das Handy weglegen, wenn wir selbst ständig darauf schauen. Gemeinsam ausmachen, wie und was wann gemacht werden kann. Regeln, die für alle gelten – auch für uns Erwachsene.

3. „Mitanand zemma tua“ – Miteinander zusammentun

In Beziehung bleiben ist das Wichtigste. Offenheit, Gespräch über das, was abgeht. Das Brutale an Social Media ist ja, dass wir die Mimik nicht sehen, die Emotionen hinter den Nachrichten nicht spüren. Umso wichtiger ist der echte Austausch.

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Praktische Ressourcen

Allgemeine Informationen von Fachexpertin Silke Müller.

Altersgruppe 0-6 Jahre

  1. SCHAU HIN! – Digitaler Elternabend: Medien – lieber miteinander
    Elternabend mit praxisnahen Empfehlungen für den frühen Medienumgang.
  2. Jugend und Medien (CH) Empfehlungen für Eltern von Kindern bis 7 Jahre
    Tipps für den Einstieg in den digitalen Alltag und die Begleitung durch Eltern.
  3. klicksafe Bildschirm- und Medienzeit für Kinder
    Leitfaden zu altersgerechter Bildschirmzeit.
  4. Deutsches Kinderhilfswerk Internet Guide für Eltern (PDF)
    Grundlagenwissen und Empfehlungen für den Start mit digitalen Geräten.
  5. BMBWF (Österreich) – Nutzung digitaler Geräte: Tipps für Eltern
    Offizielle österreichische Hinweise zu Gerätenutzung, Sicherheit und Medienpädagogik.
  6. Saferinternet.at Medienkompetenz für Kleinkinder
    Tipps zur elterlichen Begleitung und zu empfehlenswerten Inhalten.
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Altersgruppe 6-12 Jahre

  1. SCHAU HIN! – Elternratgeber
    Umfassende Themenplattform zu Games, Smartphones und Social Media.
  2. klicksafe – Videoreihe: Wie begleite ich mein Kind?
    Videotipps für Eltern mit praktischen Beispielen.
  3. Familienservice.de – Medien und Kinder: Tipps gegen übermäßigen Konsum
    Leitartikel zur Balance zwischen digitaler und analoger Welt.
  4. Medienanstalt NRW – Internetkompetenz für Eltern (PDF)
    Detaillierter Elternleitfaden zu Sicherheit und Medienerziehung.
  5. Saferinternet.at – Familienratgeber für Volksschulkinder
    Praktische Tipps für Eltern im Volksschulalter.
  6. Zentrum für Medienkompetenz (Tirol) – Medienbildung in der Grundschule
    Österreichischer Zugang zur digitalen Bildung und Elternarbeit.

Altersgruppe 12-18 Jahre

  1. SCHAU HIN! – Digitaler Elternabend: Wann ist viel zu viel?
    Schwerpunkt auf Bildschirmzeit und Gaming.
  2. klicksafe – YouTube-Kanal
    Videos zu Datenschutz, Cybermobbing, Social Media.
  3. SCHAU HIN! – Elternvideos Medienkompetenz (Playlist)
    Kurzvideos für Eltern zu aktuellen Medienthemen.
  4. Saferinternet.at – Jugendliche und Soziale Netzwerke
    Erklärt Risiken, Privatsphäre und Online-Kommunikation.
  5. So geht MEDIEN – ARD/ZDF Medienkompetenzprojekt
    Lernvideos, Unterrichtsmaterialien und Erklärformate für Jugendliche.
  6. Mimikama – Fake News und digitale Ethik
    Hintergrundwissen zu Medienkritik.

Bevor der Konflikt eskaliert

Wir alle kennen diese angespannten Momente: „Jetzt leg endlich das Handy weg!“ – „Gleich!“ – „JETZT!“ Im Stress treffen wir schlechte Entscheidungen, weil wir die Spannung einfach nur schnell auflösen wollen. Besser ist:

Gute und schlechte Situationen miteinander besprechen – vielleicht beim Spaziergang, wenn der Kopf frei ist und niemand in der Verteidigungshaltung steckt.

Klar besprechen, was nicht geht – im Familienrat oder ganz informell, aber verbindlich. Keine Beleidigungen, egal ob auf der Straße oder auf WhatsApp. Keine fremden Kontakte, egal ob im Auto oder im Forum.

Vereinbarungen treffen und positive Beispiele finden – nicht nur über Probleme reden, sondern auch über das, was gut läuft. Leitlinien entwickeln, die Sinn machen.

Die drei Kernkompetenzen für unsere Kinder

Was wollen wir eigentlich erreichen? Dass unsere Kinder mündig werden. Dass sie gute Entscheidungen treffen können. Dafür brauchen sie drei Kompetenzen:

Klarheit und Mut, sich selbst zu sein – Was ist gut für mich? Was will ich wirklich? Wo ist meine Grenze?

Kritisch denken – Quellen kennen, hinterfragen, nicht alles glauben. TikTok kann dir eine Welt zeichnen, die so nicht existiert.

Selbstregulation – Selbst auf Stop drücken können. Das ist die Königsdisziplin, auch für uns Erwachsene.

Unsere Chance als Vorarlberger:innen

Wir leben in einer Region, in der die Natur vor der Haustür liegt. Medien können leicht konsumiert werden, Netflix wird schnell zur Ersatznanny. Aber Matschhose an und raus ist besser – auch wenn es draußen mal unlustig ist. Diese Balance zwischen digitaler und analoger Welt ist nicht nur gesund, sie ist auch authentisch für unsere Region.

Die eigentliche Gefahr

Das größte Risiko ist nicht Social Media an sich. Es ist, dass wir unsere Kinder in dieser Welt verlieren – in Ecken, aus denen sie schwer rauskommen. Dass Algorithmen Weltbilder prägen, die mit der Realität nichts zu tun haben. Dass wir zu spät reagieren, weil wir zu wenig hingeschaut haben.

Aber die Lösung ist nicht, Social Media zu verteufeln. Wenn wir es komplett ablehnen, wird es für unsere Kinder erst recht attraktiv. Die Lösung ist Begleitung. Training. Interesse. Genau wie beim Wasser, beim Straßenverkehr, beim Leben überhaupt.

Ein Aufruf zur gemeinsamen Reise

Diese erste Podcast-Folge ist der Auftakt einer Miniserie. Wir werden in den kommenden Folgen tiefer eintauchen, konkrete Situationen besprechen, praktische Tipps sammeln. Denn eines ist klar: Wir sind nicht alleine. Wir sitzen alle im selben Boot – oder besser gesagt: am selben See.

Und genau deshalb brauchen wir einander. Eure Erfahrungen, eure Fragen, eure Beispiele. Was funktioniert bei euch? Wo hakt es? Welche Vereinbarungen habt ihr getroffen?

Der Vorarlberger Familienverband steht euch dabei zur Seite – mit diesem Podcast, mit Veranstaltungen, mit Austausch. Weil Familie nicht nur das Herz unserer Gesellschaft ist, sondern auch der Ort, wo die Zukunft geformt wird. Und diese Zukunft ist digital – aber sie muss menschlich bleiben.

In diesem Sinne: Matschhose an, Handy bewusst nutzen, und vor allem: Im Gespräch bleiben.