„Wir brauchen in unserer Bildungslandschaft einen tiefgreifenden Haltungswandel. Nicht mehr Belehrende, die disziplinieren, sondern aktivieren, wertschätzen, begleiten, das Potenzial in den Blick nehmen,“ sagt Margret Rasfeld. Die Bildungsinnovatorin aus Deutschland hat gemeinsam mit Gerald Hüther und anderen Innovator:innen eine Bewegung ins Rollen gebracht, die auch in Vorarlberg spürbar ist. Unter dem Namen „Schule im Aufbruch“ finden sich zahlreiche Netzwerkpartner, die sich um eine stärkere Potenzialentfaltung an Schulen bemühen. Auch das Lernformat FREI DAY Zukunftstag zählt dazu. Hier werden an einem halben Schultag klassen- und jahrgangsübergreifend Projekte auf die Beine gestellt.
In diesen Projekten greifen die Schüler:innen wichtige Zukunftsthemen auf. Sie vernetzen sich mit der Gemeinde oder mit Unternehmen. Der Landeselternverband Vorarlberg hat den FREIDAY Zukunftstag gemeinsam mit dem Vorarlberger Familienverband in unserer Region verbreitet.
„Wir haben im Juni 2021 mit dem FREIDAY Zukunftstag in Vorarlberg gestartet. Es gab damals in Vorarlberg noch keine Schule, die dieses Lernformat genutzt hat. Inzwischen sind schon zwölf Schulen in Vorarlberg dabei. Nächstes Jahr wollen wir die Anzahl verdoppeln und in weiterer Folge wünschen wir uns einen FREIDAY Zukunftstag für jede Schule und jedes Kind“, so Birgit Walch, Landeselternverband Vorarlberg und Andrea Moosbrugger, Vorarlberger Familienverband.
„Was uns besonders gut am FREIDAY Zukunftstag gefällt, ist, dass die Lehrenden als Team arbeiten und dass die Kinder ihre Selbstwirksamkeit erfahren. Dies tragen sie dann auch in die Familien hinein“, so Walch.
Bei der FREIDAY Winterlounge im Jänner 2024 in der Plattform V in Dornbirn haben wir die Akteurinnen persönlich befragt.
Marke Vorarlberg: „Welche positiven Veränderungen haben Sie bei den Lehrenden und bei den Schüler:innen seit der Einführung des FREIDAY Zukunftstags an Ihrer Schule beobachtet?“
Markus Kornfehl, Abteilungsvorstand Wirtschaftsingenieure, HTL Dornbirn
An der HTL Dornbirn haben offene Lernformate, in denen Schüler:innen selbständig arbeiten, eine lange Tradition. Seit diesem Herbst haben wir auch offiziell mit dem FREIDAY Zukunftstag begonnen. Zwei ausgewählte Klassen treffen sich dabei einmal pro Woche für vier Stunden. Die Schüler:innen sind 18 Jahre alt. Wir beobachten, dass das Vertrauen in die Selbstverantwortung der Schüler:innen bei den Lehrenden gestiegen ist. Die Schüler:innen erleben wiederum, dass sie selbst gestalten können, was gerade in Zeiten multipler Krisen einen hohen Wert hat.“
Birgit Schwarzmann-Sohm, Mittelschule Hasenfeld-Lustenau
„Wir haben im Herbst 2022 mit einer kleineren Form des FREIDAY Zukunftstags gestartet. Bei uns treffen sich die 3. Und 4. Klassen am Dienstagnachmittag für zwei Stunden. Hier arbeiten wir klassen- und jahrgangsübergreifend. Ich würde sagen, das neue Format bringt Leben in die ganze Schule. Bei den Projektpräsentationen wachsen die Schüler:innen über sich hinaus. Und das Lehrer:innenteam ist ebenfalls gestärkt.“
Marco Köb, Borg Götzis
„Wir haben im September 2023 mit dem FREIDAY Zukunftstag gestartet und dabei auch einen MINT-Schwerpunkt gesetzt. Bei uns sieht das so aus, dass die 5.,6. Und 7. Klassen jahrgangsübergreifend an einem Nachmittag pro Woche miteinander arbeiten. Das sind vier Stunden pro Woche.
Nach dem FREIDAY Zukunftstag treffen wir Lehrenden uns jeweils zu Reflexionsgesprächen, was für uns in diesem Sinne auch neu ist. Am Anfang waren die Schüler:innen sehr skeptisch aber wir haben ihnen geholfen, die Projekte aufzustellen und jetzt geht es schon viel besser. Wir merken, dass die Selbstwirksamkeitserfahrung den Schüler:innen Auftrieb gibt. Auch wir Lehrende haben uns als Team weiterentwickelt. Durch den FREIDAY Zukunftstag sind wir als Lehrende zusammengewachsen.“
Birgit Sieber-Mayr, Volksschule Lustenau-Kirchdorf
„Wir haben den FREIDAY Zukunftstag seit September 2021 an unserer Schule. Ich finde, dass die Kinder seither ihren Horizont erweitert haben und vernetzter denken. Außerdem habe ich gemerkt, dass sie viel selbstbewusster auftreten, wenn es darum geht, nach außen zu gehen. Beim Bürgermeister anrufen oder jemanden in einem Geschäft ansprechen, das gehört nun mal alles zum FREIDAY Zukunftstag dazu.
Bei den Lehrenden habe ich ein gewisses Loslassen von alten Haltungen beobachtet, ein Mut zum Scheitern und die Suche nach neuen Wegen, wie es besser gehen könnte. Auch der Mut, hinzustehen und sich für eine Sache einzusetzen, auch gegen anfängliche Widerstände – der ist ebenfalls gewachsen. Durch den FREIDAY Zukunftstag bekommen wir Lehrenden neue Ideen, wie es anders gehen könnte.“
Initiatoren sind der Vorarlberger Familienverband und der Landeselternverband Vorarlberg. Die Finanzierung erfolgt durch den Familienverband und durch die Weitblick und Sinnbildungsstiftung.